Deklaration Gesellschaftsklima

Die Deklaration bildet das Fundament zur Gründung des Bündnis. Ihre UnterzeichnerInnen beziehen zu grundsätzlichen Themen Position und verpflichten sich zu Maßnahmen zur Verbesserung des Gesellschaftsklimas.

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Präambel

Österreich ist ein Land der Vielfalt. Das gesellschaftliche Zusammenleben ist geprägt von einem Pluralismus der Lebensentwürfe, der Weltanschauungen und der sozialen, materiellen, kulturellen, geschlechts-, bildungs-, arbeits- und migrationsbezogenen Biographien. Diese Realität ist irreversibel. Dennoch werden in Österreich noch immer Personen unter anderem aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit sowohl institutionell als auch im Alltag diskriminiert.

Vorurteile, Antipathie und damit einhergehende diskriminierende Handlungen und Strukturen führen dazu, dass Gräben aufgerissen und die Chancen einzelner Menschen ebenso wie die Gesamtentwicklung der österreichischen Gesellschaft behindert werden. Die bestehenden Anti-Diskriminierungsgesetze können nur bedingt Abhilfe schaffen. Daher wollen wir darauf hinwirken, dass das gesellschaftliche Zusammenleben auf Basis der Menschenrechte so gestaltet wird, dass Pluralismus anerkannt und geachtet wird. Wir brauchen Respekt für unterschiedliche Lebensentwürfe, solange diese ihrerseits unterschiedliche Lebensentwürfe respektieren. Wir wollen ein gesellschaftliches Klima fördern, in dem Pluralismus mit Chancengleichheit und Selbstbestimmung der hier lebenden Menschen verbunden ist.

Dabei geht es um mehr als die Anerkennung von Vielfalt – es geht um Gleichberechtigung in allen Lebensbereichen: Bildung und Berufswahl, Arbeit und Einkommen, Gesundheit, Wohnen, Freizeit und politische Partizipation. Niemand soll zurückgelassen, niemand vom Gemeinwesen alleine gelassen, niemand ausgeschlossen werden. Niemand soll aufgrund von Merkmalen wie sozialer oder ethnischer Herkunft, Religion, Hautfarbe, Geschlecht, Bildung, Behinderung, Alter, Familienstand, sexuelle Orientierung oder Sprache ausgegrenzt oder benachteiligt werden. Diskriminierung darf in Österreich keinen Platz haben.

Gesellschaften befinden sich im steten Wandel, einem Wandel, der auch, aber keineswegs ausschließlich durch grenzüberschreitende Migrationsbewegungen beeinflusst wird. Das Gesellschaftsklimabündnis versteht sich in diesem Sinne nicht nur als Bündnis gegen Diskriminierung und für Gleichberechtigung, sondern auch als Initiative zum Abbau der Angst vieler Menschen vor migrationsbedingten oder Migrationsbewegungen zugeschriebenen Veränderungen. Das ist der Schwerpunkt dieses Gesellschaftsklimabündnisses: Wir arbeiten für die Verwirklichung einer inklusiven Gesellschaft.

Gesellschaftliches Klima

In den vergangenen Jahren wurde speziell die Frage der Migration zum  politischen Reibungspunkt gemacht. Sie hat das gesellschaftliche Klima und auch Fragen der Gleichberechtigung und Diskriminierungsfreiheit in Österreich maßgeblich beeinflusst.

Daher ist es uns wichtig festzuhalten, dass Österreich ein Ein- und Auswanderungsland war, ist und auch bleiben soll. Laut Statistik Austria sind 2011 etwa 130.000 Menschen nach Österreich eingewandert und etwa 94.000 Menschen ausgewandert. 320.000 Menschen sind innerhalb Österreichs über Gemeindegrenzen hinweg gewandert. Über alle Bundesländer hinweg ist jede sechste Person außerhalb Österreichs geboren, in Ballungszentren bis zu jede dritte. In Kürze werden in Österreich eine Million Menschen ohne österreichische Staatsbürgerschaft leben. Um mit dieser Realität konstruktiv umzugehen, muss ein entsprechendes Klima in Österreich gepflegt werden. Daher treten wir dafür ein,

  • dass jede Person grundsätzlich Respekt verdient. Die Würde eines Menschen ist zu wahren unabhängig von sozialer oder ethnischer Herkunft, Religion, Hautfarbe, Geschlecht, Bildung, Behinderung, Alter, Familienstand, sexueller Orientierung oder Sprache.
  • zuzuhören und zu diskutieren, statt abzuwerten und Vorurteile zu kultivieren. Es gilt, den gesamten Menschen in seinem sozialen Umfeld zu sehen, nicht nur einzelne Aspekte seines Äußeren und seiner Biographie.
  • dass  Pluralismus Teil des Selbstverständnisses der österreichischen Gesellschaft wird und Institutionen den Ehrgeiz entwickeln, sich für den chancengerechten Umgang mit dieser Vielfalt fit zu machen.
  • dass das Ausbrechen aus engem Identitätsdenken gefördert wird und auch kulturell-ethnisch vielschichtige Identitäten wahrgenommen und geschätzt werden. Vielfältig geprägte Identitäten, Mehrfachzugehörigkeiten und Mehrsprachigkeit sind realer Bestandteil unserer heutigen Gesellschaft und können bereichernd für die Individuen und die Gemeinschaft sein.

Aufenthalt und Teilhabe

Für die Wahrnehmung von Chancen, für die Entfaltung seines Potenzials und für die Mitgestaltung der Gesellschaft braucht der Mensch Sicherheit und Verlässlichkeit. Eine aktive gesellschaftliche Beteiligung schafft Zugehörigkeit. Daher treten wir dafür ein, dass für alle dauerhaft in Österreich lebenden Menschen gilt:

  • Österreich gewährleistet Aufenthaltssicherheit und soziale Sicherheit.
  • Der Zugang zur Staatsbürgerschaft ist nicht mehr vom sozialen und materiellen Status der Antragstellenden abhängig.
  • Politische Teilhabe und Einflussnahme ist möglich.
  • Zugang zum Arbeitsmarkt.

Gleichberechtigung statt Diskriminierung

Rassistische Einstellungen und diskriminierende Praktiken beeinträchtigen die davon betroffenen Personen in nahezu allen Lebensbereichen. In Österreich, wo Antipathie gegenüber MigrantInnen nach wie vor stark verankert ist, sind Rassismus und Diskriminierung ein ernstzunehmendes gesellschaftliches Problem. Die Förderung von Diskriminierungsfreiheit, Chancengleichheit und Partizipationsmöglichkeiten für alle sind eine Grundvoraussetzung für ein gedeihliches Zusammenleben. Daher treten wir dafür ein, dass

  • Diskriminierung im Wirtschafts- und Arbeitsleben, in der Bildung, in Kunst und Kultur, im Gesundheitsbereich, beim Wohnen, in der Justiz, bei der Polizei, bei Behörden, im Vereinswesen, im Sport und im Alltag geächtet und sanktioniert und somit zurückgedrängt wird.
  • Gleichberechtigung unabhängig von sozialer oder ethnischer Herkunft, Religion, Hautfarbe, Geschlecht, Bildung, Behinderung, Alter, Familienstand, sexueller Orientierung oder Sprache gefördert wird.
  • Institutionen die Bedürfnisse und Ressourcen der Menschen in Österreich berücksichtigen.
  • für alle Arbeitenden Arbeits- und Sozialrechte gelten.

Wir, die UnterzeichnerInnen des Gesellschaftsklimabündnisses, verpflichten uns:

  • Wir setzen uns ein für den Abbau von Barrieren und verbesserte Rahmenbedingungen für ein gleichberechtigtes Zusammenleben aller in Österreich lebenden Menschen.
  • Wir gehen mit gutem Beispiel voran und machen Vielfalt, Gleichberechtigung und Barrierefreiheit zum Bestandteil unserer Arbeit.
  • Wir verbessern Strukturen, Policies und Aktivitäten der jeweils eigenen Organisation im Sinne des Gesellschaftsklimabündnisses.
  • Wir setzen uns mit den Gewohnheiten, Praktiken, und Denkweisen in unserer eigenen Organisation auseinander, die auf Vorurteilen und sozialem wie kulturellem Höherwertigkeitsdenken basieren.
  • Wir schaffen  Umgangsformen und Praktiken der Gleichberechtigung und fördern das entsprechende Denken.
  • Wir kommunizieren den Mehrwert von Gleichberechtigung und wir gewinnen Menschen für die Anerkennung von Vielfalt und gegenseitigem Respekt.
  • Wir integrieren diese offenen Haltungen in unsere tägliche Arbeit und tragen sie über unser Netzwerk hinaus.
  • Wir informieren öffentlich über unsere Aktivitäten und deren Fortschritte.
  • Wir evaluieren unsere Praktiken und Policies hinsichtlich der Einhaltung unserer Zielvorstellungen und berichten darüber alle zwei Jahre schriftlich.
  • Gemeinsam beauftragen alle Unterzeichnenden eine Gruppe, die die Entwicklungen zur Umsetzung des Gesellschaftsklimabündnisses evaluiert, kommentiert und kommuniziert.
  • Gemeinsam diskutieren alle Unterzeichnenden die Ergebnisse alle zwei Jahre bei einer Gesellschaftsklimabündnis-Konferenz.

Unterzeichnende Organisationen

Arbeiterkammer Wien, Afro-Asiatisches Institut Wien, Asylkoordination, Bundesjugendvertretung, Diakonie Österreich, ENARA, IODO, Interkulturelles Zentrum, Netzwerk Sprachen Rechte, Österreichische Kinderfreunde, Presseclub Concordia, SOS Mitmensch, UKI – Unterstützungskomitee zur Integration von Ausländern, Verein „Projekt Integrationshaus“, Verein Wiener Jugendzentren, Volkshochschule Wien, Volkshilfe Österreich, WUK – Werkstätten- und Kulturhaus und ZARA – Zivilcourage und Anti- Rassismusarbeit sowie ZARA Training – Gemeinnützige GMBH.

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